Samstag, 7. September 2013

Die Gedanken eines Unbekannten


Wer wir wirklich sind, dass weiß keiner. Nicht einmal wir. Dabei sollten wir uns so gut kennen. Ziehen wir doch Nacht für Nacht um die Häuser. Doch nicht wie ihr. Nein, wir trinken nicht. Wir gehen nicht in Bars und auf Parties. Überhaupt sind wir so unauffällig und so unscheinbar, dass ihr uns nie bemerkt. Ihr würdet nie Kenntnis von uns nehmen. Nicht einmal am Tag und nicht einmal in der Schule. Pleite, deprimiert und fühlen uns falsch unter der Sonne. Wir sind Außenseiter. Außenseiter am Tag, doch Helden in der Nacht. Helden, Revolutionäre, Weltverbesserer. Weder glauben wir an die neuesten Marken, noch legen wir Wert auf das was ihr denkt. Wenn wir losziehen nachts spürt jeder von uns das Selbstbewusstsein unter seiner Brust und gleichzeitig das pochende Herz, dass uns klar macht wie verletzlich und ängstlich wir sind. Das Gefühl diesmal erwischt zu werden. Aber auch wenn wir erwischt werden sollten, würden wir niemals aufhören. Es ist unser Job und wir werden nicht kündigen. Es ist wie eine Sucht, der Geruch der Farbe ist unsere Droge.
So läuft es auch diesmal. Wir sind zu viert. Rechtlich befinden wir uns mit dem was wir machen in einer Grauzone, die mir das Nennen der Namen nicht erlaubt. Jeder von uns hat nur das Nötigste dabei: Lampe, Farbe, Pinsel, Dosen- keine Handys, keins Ausweis, kein Geld! Wir stehen vor einem Gelände mit einer alten Fabrik. Sie erzählt uns ihre Geschichte, indem sie nur da vom Mondlicht beschienen steht. Sie klingt traurig und verlassen und scheint sich über uns zu freuen. Sie gibt uns ihre letzte weiße Wand. Der Rest ist schon längst zerfallen. Ohne Plan, ohne Konzept machen wir uns an die Arbeit. Wir wollen die Welt verändern. Wieso auch nicht? Wieso nicht etwas Altes und Hässliches in etwas Neues und Buntes verwandeln? Sind die bunten Wände nicht schöner wie die Reklamen die wir sonst zu sehen bekommen? Tagtäglich. Kauf dies, bestelle jenes. Wände voll mit Konsum, voll mit Illusionen, schmücken unsere Städte. Doch was wir machen ist die Realität und keine Illusion. Das sind wir. Wir wollen euch nichts verkaufen. Geschmiere nennen sie, dass was wir machen. Es wäre keine Kunst. Also ob sie wüssten was das ist. Als ob es irgendjemand weiß. Dabei hat alles eine Geschichte. Jeder Punkt und jeder Strich ist verbunden mit einem Wort: Mut. Es ist nicht mutig abends in eine Bar zu gehen und Mädchen anzureden, die sich selbst kaum mehr auf den Beinen halten können. Das ist kein Mut.
Und so zeige ich was Mut ist. Meistens mit Parolen. Und so auch diesmal. Eigentlich benutze ich lieber Dosen, doch diesmal benutze ich Pinsel und Farbrolle und trage die Farbe auch schon auf. Ich bin kein ordentlicher Mensch und so ist auch mein Werk nicht wirklich ordentlich. Meine Farbwahl ist genauso unordentlich. Nichts passt wirklich zusammen. Was wirklich zählt ist das Werk als Ganzes. Wir wollen keinen Platz im Museum, indem du Eintritt zahlen sollst sondern, dass jeder unsere Kunst sehen kann. Egal wie viel Geld er besitzt. Es würde keinen Sinn machen unsere Bilder in Museen zu hängen, wenn sie doch genau diesem Konsum, dieser Geldmacherei entgegenstehen sollen. Dürfen wir einfach nur da sein und etwas von uns bleiben lassen, wenn wir nicht mehr sind? Wir wollen die Welt einfach nur ein Stück freundlicher und bunter machen. Sie einfach nur lächeln sehen. Sie verändern und nicht von ihr verändert werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen